Im Jahr 1986 erteilt der Vatikan der Fotografin Nomi Baumgartl exklusiv eine Sonderakkreditierung: Im Rahmen eines Filmprojektes des WDR wird sie Papst Johannes Paul II. fotografisch begleiten. Eberhard Piltz, damaliger Chefkorrespondent der ARD in Rom, begleitet dieses Fotofilmprojekt. Nomi Baumgartl erhält Zutritt zu nicht öffentlichen Bereichen in Vatikan und Petersdom, ist nicht an Sicherheitszonen gebunden und darf aus der Kuppel des Petersdoms heraus arbeiten. Auf einigen seiner Auslandsreisen porträtiert sie den Heiligen Vater, unter anderem auf den Seychellen und auf seiner Deutschlandreise. Nomi Baumgartls Bilder gehen auf eine Reise um die Welt.
Bildredakteure und Art Direktoren sichten die Dias, Magazin-Grafiker legen sie auf den Scanner, Lithographen bereiten sie für den Druck vor – und die Bildagentur Bilderberg lässt sie immer wieder duplizieren. Im Jahr 2011, nach dem Konkurs von Bilderberg, finden die weit gereisten Reste der Kollektion nach und nach den Weg zurück zu ihrer Schöpferin. Was noch vorhanden ist, wird im Sommer 2012 gesichtet und sortiert, verklebte Schutzhüllen werden vorsichtig aufgetrennt und entfernt, die Originale von den Duplikaten separiert, erste Arbeits-Scans einer Roh-Edition angefertigt. 120 Bilder finden Eingang in eine Erzählstrecke, 46 davon in die Edition IL PAPA.
Nomi Baumgartl fotografierte mit einer LEICA-R-Ausrüstung auf Diafilm, ausschließlich mit dem vorhandenen Licht – available light. Das hieß zu dieser Zeit und unter den gegebenen Bedingungen Arbeiten im Grenzbereich, sowohl für die Fotografin als auch für das entwickelnde Labor. Die Filme wurden für weitere ein bis zwei Blendenstufen Empfindlichkeit „ge-pushed“. Das Verfahren hat seinen Preis: Das Korn des verwendeten Films tritt stärker hervor, für viele Betrachter noch heute eine geschätzte Ästhetik. Im Zeitalter der Digitalfotografie versuchen Software-Filter das Korn zurück ins finale Bild zu transplantieren. Oft ohne den gewünschten Erfolg, weil die mathematisch erzielten Ergebnisse zu homogen ausfallen.
Nomi Baumgartls IL PAPA Dias leuchten in ihrer analogen Pracht. Bald ist auch das passende Papier für die Edition gefunden: Aquarell-Büttenpapier, jedes Blatt ein Unikat von 76 x 56 cm, handgeschöpft für die exklusive Sammleredition in Frankreich, in der Papiermanufaktur Arches. In einem selbstentwickelten Verfahren präpariert der Münchner Fine Art Printer Tilman von Mengershausen diese Bögen für den Pigment Print. Das Team um Nomi Baumgartl entscheidet sich für eine sehr aufwendige Technik bei der Aufbereitung des Bildmaterials: Ein Spezialscanner holt zunächst in mehreren Durchgängen aus den Dias sowohl den gesamten Dynamikumfang, als auch die natürliche Kornstruktur heraus. Auf Schärfen beim Scannen und detailraubende Filter für die Entstaubung wird dabei verzichtet. In Photoshop werden die Scans, teils hundertfach pro Motiv, manuell entstaubt und ausgefleckt. Das Resultat honoriert sichtbar den hohen Aufwand: In warmen Tönen erzählen die 46 Artist Proofs der Edition ihre Geschichte, vermitteln dem Betrachter in einer mystischen, an Bernardo Bertoluccis „1900“ erinnernden Stimmung die Atmosphäre um den charismatischen Mann, der 1920 als Karol Wojtyla zur Welt kam und bis 2005 als Johannes Paul II. der Katholischen Kirche ganze 26 Jahre lang vorstand.
Die Heiligsprechung Johannes Paul II. wird am 27. April 2014 durch Papst Franziskus vorgenommen. Dann wird es 28 Jahre her sein, dass Nomi Baumgartl ihren exklusiven IL PAPA Zyklus fotografieren durfte. Im Verlauf des Sommers 2013 zeigt Nomi Baumgartl einen Teilzyklus Dr. Christoph Kürzeder, Direktor Kunst, Erzbischöfliches Ordinariat München. Dabei verweist sie auf die Strahlkraft der Bilder als „mystische Vorwegnahme der Heiligsprechung“. Dr. Kürzeder kommentiert das Gesehene: „Diese Bilder werden kunstgeschichtlich bedeutsam sein“.