Horst Janssen (1929-1995) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Zeichner und Grafiker des 20. Jahrhunderts. Das kunsthaus kaufbeuren zeigt mehr als 85 Highlights aus der um die 400 Werke umfassenden hauseigenen Sammlung. Fotografien von Nomi Baumgartl geben zudem einen Einblick in das private Refugium des Künstlers und einen überraschenden Blick auf den Menschen Horst Janssen. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen zum einen die Selbstbildnisse, die seine vielschichtige Persönlichkeit widerspiegeln, darunter die eindrucksvollen Zyklen Hanno’s Tod und Ergo. Die Arbeiten sind Zeugnisse der Bandbreite seiner Stimmungslagen und künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten, die von zarten, sensiblen bis hin zu expressiv, virtuosen Strichführungen changieren. Wohl kein anderer Künstler hat eine solch umfangreiche Dokumentation des eigenen Ichs hinterlassen, in der er sich immer wieder neu inszeniert, aber auch Themen wie Tod und Vergänglichkeit verarbeitet. Landschaften und Stillleben bilden die weiteren Schwerpunkte der Ausstellung. Die Stillleben von Blumen – dargestellt als „Nature morte“ – zeigen ebenfalls Janssens intensive Auseinandersetzung mit der Thematik des Verfalls. Die Darstellungen vor allem norddeutscher Landschaften – Grafiken und Aquarelle – lassen verschiedene Phasen des Ausdrucks erkennen: von karg, leichten Arbeiten bis hin zu schroffen Felsformationen in dichtem, schwungvollem Malduktus.
Zwischen 1946 und 1951 studierte Horst Janssen in der Klasse von Alfred Mahlau an der Kunstschule Hamburg. Er lernte hier das genaue Betrachten und Hinsehen („Ich bin nur ganz Auge“), löste sich jedoch bald von der exakten Darstellung der Wirklichkeit, ohne dabei die Gegenständlichkeit innerhalb seiner Arbeiten aufzugeben. Zu einer Zeit arbeitend, als vor allem die informelle, ungegenständliche Kunst den Markt beherrschte, behielt Janssen seine figurative Bildsprache bei und etablierte sich seit den 1960er Jahren mit seinen unverwechselbaren Feinstrichzeichnungen und -grafiken als solitäre Künstlerpersönlichkeit, die weder eine eigene Schule noch Nachfolger hervorbrachte.
Die international renommierte Fotografin Nomi Baumgartl konnte 1984 Horst Janssens Vertrauen gewinnen, ihn in seinem Blankeneser Refugium, seiner „Burg“ – wie er sein Atelier und zu Hause nannte –, über Wochen hinweg fotografisch zu begleiten. Entstanden sind zarte, fast schon intime Bildserien von Horst Janssen, in denen er zum einen ganz er selbst ist, zum anderen sich aber auch vor der Kamera mal als kindlicher, mal als charmanter Mann, mal als androgynes Wesen inszeniert. Überraschend sind auch die ihn umgebenden Dinge, die einen starken Bezug zu seinen Bildern erkennen lassen, vor allem das Motiv der „vanitas“, der Vergänglichkeit.
Horst Janssen „Liebhaber“ Peter Dobler – dessen Bruder 1995 das Kunsthaus der Stadt gestiftet hatte – ist es zu verdanken, dass die Ausstellung in dieser Form konzipiert werden konnte. Vom zeichnerischen Können Janssens fasziniert, baute er die Sammlung mit Hilfe der Münchner Galeristin Inge Seifert-Binder auf und überlies dem kunsthaus kaufbeuren seine reiche Kollektion.